Wie viel Milch braucht ein Kalb?

Autorin: Dr. Ingrid Lorenz, TGD Bayern

Aus Gründen der Gesunderhaltung, Leistungsförderung und des Tierwohls sollten neugeborene Kälber in Milchviehbetrieben mit einem System aufgezogen werden, das den Kälbern ermöglicht physiologisch normale Mengen an flüssiger Nahrung (Milch oder Milchaustauscher) aufzunehmen. Dies kann z. B. durch ad-libitum Tränke angesäuerter Milch, aber auch durch andere Methoden erreicht werden.

Mutterkuhkälber und Kälber, die anderweitig ad libitum gefüttert werden, nehmen täglich etwa 20 % ihres Körpergewichtes auf und erreichen tägliche Zunahmen von bis zu 1000 Gramm/Tag. Seit ca. 10 Jahren belegen Studien den positiven Einfluss einer physiologischen Ernährung der Kälber in den ersten Lebenswochen auf deren Gesundheit, aber auch auf den Stoffwechsel und das Leistungsvermögen der späteren Milchkuh. Das heißt die Kuh zahlt dem Landwirt die Ausgaben für die zusätzlich vertränkte Milch durch eine höhere Milchleistung später wieder zurück. Für das Kalb bedeutet es, dass es wesentlich höhere Chancen hat, die ersten Lebenswochen gesund zu überstehen. Insbesondere Kälberdurchfall und Rindergrippe treten bei unterernährten Kälbern wesentlich häufiger auf als bei gut ernährten.

Das Ziel muss also sein, den Kälbern in etwa 20 % ihres Körpergewichts täglich in Milch anzubieten, also 8 - 9 Liter für ein durchschnittlich schwer (40 - 45 kg) geborenes Kalb in der ersten Lebenswoche.

Hierfür gibt es eine Reihe von praktischen Möglichkeiten. Das momentan vermutlich am weitesten verbreitete System der ist die Ad-libitum Tränke mit angesäuerter Vollmilch. Aber auch die Ad-libitum Joghurttränke wird in vielen Betrieben erfolgreich durchgeführt. Wenn man lieber frische, unbehandelte Milch vertränken möchte, bietet es sich an die Kälber zumindest in der ersten Woche dreimal am Tag zu tränken. 

Ad-libitum Tränke mit angesäuerter Milch

Autorin: Dr. Ingrid Lorenz, TGD Bayern

Im Hinblick auf Gesundheit, Tierwohl und spätere Leistungsfähigkeit ist die ad-libitum Fütterung in den ersten Lebenswochen das optimale Aufzuchtverfahren für Kälber. Ad-libitum bedeutet, dass den Kälbern jederzeit Milch zur freien Aufnahme zur Verfügung steht. Aus hygienischen Gründen empfiehlt es sich die Milch zweimal täglich leicht angesäuert zur Verfügung zu stellen.

Die Versorgung mit Biestmilch (bevorzugt Erstgemelk der Mutter, im Notfall Biestmilchreserve) erfolgt unmittelbar nach der Geburt noch nicht angesäuert. Säure kann die Wirkung der für das Kalb wichtigen Immunglobuline im Kolostrum beeinträchtigen. Ziel ist die Aufnahme von mindestens drei Litern in den ersten zwei Stunden. Übriggebliebene Biestmilch kann dann, falls nötig gemischt mit Milch vom zweiten Gemelk, für die zweite Mahlzeit bereits angesäuert werden und an der Box verbleiben.

Für das Ansäuern der Milch stehen mittlerweile zahlreiche kommerzielle Produkte in flüssiger oder Pulverform zur Verfügung. Hier können reine Säuren oder Säurenmischungen verwendet werden, weitere Inhaltsstoffe sind nicht notwendig. Die genaue Dosierung, besonders bei kleineren Mengen an Milch, gelingt gut mit flüssigen Produkten, die man vor der Anwendung nochmal vorverdünnt. Das Ziel ist ein pH-Wert von 5,5, bei tieferen Werten leidet die Akzeptanz der Milch bei den Kälbern. Die hierfür notwendige Dosierung sollte beim Hersteller erfragt werden und kann mit pH Teststreifen aus der Apotheke kontrolliert werden. Die Milch kann stallwarm vertränkt werden, je wärmer die Milch ist umso mehr wird sie durch die Säure ausflocken. Hier hilft es die Säure zunächst in einer kleinen Menge kalter Milch aufzulösen.

Die Eimer werden zweimal am Tag befüllt und sollten mindestens einmal mit heißem Wasser ausgespült und der Nippel durchgemolken werden. Sinnvoll ist es durchsichtige Eimer mit Deckel zu verwenden. Die aufgenommenen Mengen unterscheiden sich zwischen den Kälbern stark, im Durchschnitt trinken sie etwa 20 % ihrer Körpermasse in Litern Milch pro Tag. Für ein 50 kg schweres Kalb wären das z. B. 2 x 5 Liter. Wenn der Eimer vor der Neubefüllung leer ist, wird die Menge um einen Liter erhöht. Die Kälber dürfen nie das Gefühl haben, dass die Milch ausgeht.

Prinzipiell ist es auch möglich, Kälber mit Milchaustauscher guter Qualität ad-libitum zu tränken. Da das Verdauungssystem des Kalbes auf Muttermilch abgestimmt ist, sollte der Magermilchpulveranteil in den ersten vier Lebenswochen mindestens 50 % betragen. Die Eignung für die ad-libitum Tränke sollte beim Hersteller erfragt werden. Die beste Verdaulichkeit für das Kalb hat in jedem Fall die natürliche Milch. Da in den ersten Tagen nach der Kalbung größere Milchmengen anfallen, die nicht geliefert werden können, ist es immer sinnvoll so lange wie möglich diese Transitmilch zu vertränken, bevor auf Milchaustauscher umgestellt wird.

Falls Kälber bereits während der ad-libitum Phase paarweise oder in Gruppen gehalten werden, muss dennoch für jedes Kalb ein Nippeleimer, bzw. bei Verwendung sogenannter „Milchbars“ ein Nippel zur Verfügung stehen.

Nach frühestens vier Wochen wird die Milchmenge rationiert angeboten und dann sehr behutsam bis zur vollständigen Entwöhnung reduziert. Dies ist notwendig, damit der Übergang vom reinen Milchkalb zum Wiederkäuer mit optimaler Funktion der Vormägen ohne Einbruch der täglichen Zunahmen, aber insbesondere auch ohne die Schädigung der Pansenschleimhaut durch subakute Pansenazidose erfolgen kann. Die Gefahr einer subakuten Pansenazidose besteht dann, wenn die Kälber bei zu starker und rascher Reduktion der Milchmenge unvorbereitet größere Mengen an Kraftfutter aufnehmen. Aus diesem Grund ist es auch notwendig, dass den Kälbern bereits ab der ersten Lebenswoche Kälberstarter, Raufutter (oder Kälber-TMR) und Wasser zur freien Aufnahme zur Verfügung stehen. Die vollständige Entwöhnung sollte auf keinen Fall vor der zwölften Lebenswoche stattfinden. Das nachfolgende Schema zeigt die Mindestmengen und kann sowohl in Tränkeniveau als auch -dauer nach oben angepasst werden.

Vorschlag für ein Tränkeschema:


Erste zwei LebensstundeMin. 3 Liter Biestmilch
1. bis 4. LebenswocheMilchtränke ad-libitum
5. und 6. Lebenswoche2 x 4,5 Liter
7. und 8. Lebenswoche2 x 3,5 Liter
9. und 10. Lebenswoche2 x 2,5 Liter
11. und 12. Lebenswoche1 x 2,5 Liter


 Ad-libitum getränkte Kälber stehen nicht unbedingt bei jeder Neubefüllung auf. Das bedeutet, dass die Tierbeobachtung umso wichtiger wird und die Kälber im Zweifelsfall frühzeitig genauer angeschaut werden sollten. Bei frostigen Temperaturen lernen die Kälber sehr schnell, dass die Milch rasch abkühlt und trinken entsprechend größere Mengen nach der Neubefüllung der Eimer. Frieren die Eimer ein, können sie auch bis zur nächsten Befüllung abgehängt werden.

Der Kot ad-libitum getränkter Kälber ist in der Regel etwas dünner als bei restriktiver Fütterung. Hierbei handelt es sich aber nicht um Durchfall.

Technische Informationen zu Milchaustauschern

Autor: Animal Health Ireland, Übersetzung und Modifikation: Prof. Julia Steinhoff-Wagnerasset_image

Vorteile der Fütterung von MAT

·         Geringere Kosten (im Vergleich zu verkaufbarer Milch und abhängig von Milchpreisen)

·         Biosicherheit (reduziertes Risiko zur Übertragung einer Infektion, z.B. Johnesche Krankheit, im Vergleich zu unpasteurisierter Milch)

·         Gleichbleibende Zusammensetzung (im Vergleich zu Übergangsmilch von Kühen in unterschiedlichen Stadien nach der Kalbung)

·         Garantiert Antibiotika-Rückstandsfrei

Nachteile der Fütterung von MAT

·         Geringere Energiedichte als bei Vollmilch (aufgrund von geringerem Fettgehalt; Aspekt muss bei Planung einer Fütterungsstrategie miteinbezogen werden)

·         Geringere Verdaulichkeit (unabhängig von genutzten Zutaten, ist MAT gegenüber Vollmilch bei der Verdaulichkeit immer im Nachteil)

·         Höherer Arbeitseinsatz

Deklaration der Inhaltsstoffe

·         Die einzige gesetzliche Anforderung für die Deklaration in einem MAT besteht darin, dass die Inhaltsstoffe in absteigender Reihenfolge ihrer Aufnahme aufgeführt werden müssen. Daher ist es nahezu unmöglich, die Qualität eines MAT anhand des Etiketts genau zu beurteilen.

·         Über die Eignung eines bestimmten Milchaustauschers für die Färsenaufzucht kann sich der Anwender nur anhand des Öl-, Protein-, Ballaststoff- und Aschegehalts eine ungefähre Vorstellung machen.

·         Im Allgemeinen sind hochwertigere Zutaten teurer; Eine gute Leistung ist daher von einem preiswerten MAT nicht zu erwarten.

Proteinquellen

·         MAT sollte speziell bei jungen Kälbern vorzugsweise Proteine aus der Milch enthalten.

·         Aus Milch gewonnene Proteinquellen sind Magermilchpulver (Nebenprodukt der Butterproduktion) und Molkepulver (Nebenprodukt der Käseproduktion). Die Qualität der Molkenproteinquellen variiert je nach Herstellungsverfahren.

·         Die Hauptproteinquellen für MAT bei jungen Kälbern sollten Magermilchpulver oder Molkenproteinkonzentrat sein.

·         Einige Herstellungsverfahren führen zu einem hohen Mineralstoffgehalt im Molkenproteinprodukt (z. B. delactosierte Molke), was das Durchfallrisiko erhöht. Der Aschegehalt sollte daher nicht höher als 8 % sein.

·         Pflanzliche Proteine: Häufig verwendete pflanzliche Proteine sind Sojaprotein, Weizengluten und Erbsenprotein. Im Allgemeinen sind die Verdaulichkeit, das spätere Kälberwachstum und die Futtereffizienz bei pflanzlichen Proteinen geringer als bei aus Milch gewonnenen Proteinen. Besonders in den ersten 3-4 Lebenswochen ist die Verdaulichkeit eingeschränkt, bei älteren Kälbern ist die Verwertung dieser Proteine besser. Darüber hinaus können Sojaproteinprodukte verschiedene antinutritive Faktoren enthalten, die die Verdaulichkeit junger Kälber weiter verringern. Fortschritte bei der Verarbeitung von Sojaprotein haben in den letzten Jahren die Qualität von Sojaproteinprodukten verbessert, was wahrscheinlich auf die Reduzierung einiger dieser antinutritiven Faktoren zurückzuführen ist. Erbsenproteine haben den Nachteil einer schnellen Sedimentation.

·         Ein Rohfasergehalt über 0,15 % weist auf die Aufnahme pflanzlicher Proteine hin, ein geringer Rohfasergehalt schließt jedoch die Aufnahme pflanzlicher Proteine nicht aus (Sojaproteinkonzentrat ist arm an Ballaststoffen).

Öl und Fett

·         Fette, die als Ersatz für Butterfett verwendet werden, sind ausnahmslos pflanzliche Fette wie Kokos- und Palmöl und resultieren ernährungsphysiologisch in keinen Problemen. Sie haben eine ähnliche Verdaulichkeit wie Milchfett: etwa 96 %.

Aussehen

·         Milchaustauscherpulver sollte sich leicht auflösen lassen und keine Ablagerungen am Boden des Futterspenders hinterlassen. Auch wenn Farbe und Geruch nicht unbedingt ein Hinweis auf die Qualität sind, sollte MAT keine unangenehmen, verbrannten oder anderen Fehlgerüche aufweisen.

Ernährungsniveau und Wachstum

Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass hohe Wachstumsraten im frühen Lebensalter durch Fütterung von 750 bis 900 g MAT pro Tag erreicht werden können. Dies kann die Gesundheit der Kälber verbessern und die Produktivität im Erwachsenenalter steigern.

Um ein Muskelgewebewachstum in diesem Ausmaß zu erreichen, muss MAT 23 – 26 % Rohprotein enthalten.

Junge Kälber benötigen zusätzliche Energie, um sich warm zu halten, wenn die Umgebungstemperatur unter 15 °C liegt. (Faustregel: Bei 0°C benötigen Kälber allein für die Erhaltung und Warmhaltung etwa 50 % mehr Energie)

Praktische Überlegungen

Joghurttränke in der Kälberaufzucht

Autor: LfL

Prinzip

Vollmilch wird durch Zusatz von Joghurtkultur (Naturjoghurt) angesäuert. Dabei wird Milchzucker durch Milchsäurekulturen zu Milchsäure fermentiert. Durch dieses Prinzip entsteht eine sehr gute Verträglichkeit und es ist kein Anwärmen der Milch erforderlich (Kalttränke). Eine lange Haltbarkeit für Vorratshaltung entsteht durch die allmählich selbsttätige Absenkung des pH-Wertes auf 4,0 (zum Tränken diese aber mit Frischmilch verdünnen).
Durchführung

Ansetzen eines Joghurtstamms für die ständige Vermehrung:

  1. Auf 10 l kuhwarme Vollmilch werden 500 g Naturjoghurt (mind. 3,5 % Fett) eingerührt – ausreichend für 50 l fertige Tränke (50 l Tränke + 10 l zur weiteren Überimpfung).
  2. Abgedeckt bei 20 bis 25 °C für 15 – 24 Stunden stehen lassen.

Vorbereitung der ersten Tränke

  1. Stammjoghurt in vorbereiteten Behälter ("Joghurtfass") geben.
  2. Mit kuhwarmer (30 – 35°C) Milch auffüllen, je 10 l Stammjoghurt etwa 50 l Vollmilch. Gut durchrühren (Kochlöffel, Schneebesen, sauberer Mörtelrührer mit Akkuschrauber, etc.).
  3. Lagerung bei Raumtemperatur bis zur nächsten Tränke.
  4. Bei extremer Kälte 2 – 3 Stunden vor der Tränke Milchwärmer auf 30°C einstellen.

Durchführung der Joghurttränke

  1. Vor der Tränke den Joghurt gut durchrühren.
  2. Entnahme der benötigten Tränkemenge aus Joghurtfass.
  3. Kein Anwärmen nötig (mind. etwa 10 °C).
  4. 5 – 15 % Restjoghurt verbleibt zur Überimpfung im Fass (abhängig von Temperatur; im Winter mehr, im Sommer weniger).
  5. Kuhwarme Milch für die nächste Mahlzeit aufschütten und gut durchrühren, bei Raumtemperatur stehen lassen.

Wichtig
Auf joghurttypischen Geruch achten. Bei Abweichung neuen Stamm ansetzen.
Hygienisch arbeiten beim Ansetzen, bei der Vermehrung und bei der Milchgewinnung (Kannenkühe). Verunreinigte Milch kann zur Bildung von Hefen oder alkoholischer Gärung führen. Kein Einsatz von hemmstoffhaltiger Milch: Behinderung der Bakterienkultur.


Wenn die Tränke verweigert wird:

Wenn die Fermentierung unzureichend ist:

Wann ist ein neuer Joghurtstamm anzusetzen?

Gewöhnung
 

Je älter das Kalb bei der Umstellung, desto schwieriger die Akzeptanz.

Kälber-Trocken-TMR

Autor: LfL

Die Fütterung einer Kälber-Trocken-TMR bietet viele Vorteile bei der Arbeitswirtschaft, der Futteraufnahme und der Futterhygiene. Die wichtigsten Infos und Empfehlungen rund um die Trocken-TMR wurden von den Fachzentren Rinderhaltung der ÄELF, dem LKV Bayern und dem Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft hier zusammengefasst.

Prinzip

Kälber Trocken-TMR besteht zu 15 - 35 % der FM aus Grobfutter (Heu, Stroh, Luzerneheu) und zu 65 - 85 % aus Kraftfutter. Der mechanische Reiz aus dem Grobfutter führt zu Größenwachstum des Pansens, die Stärke aus dem Kraftfutter fördert die Pansenzotten. Diese Mischung wird den Kälbern als Alleinfutter angeboten.

Vorteile
Futterkomponenten und Herstellung
Einsatz

Als Ziel sollte ein Energiegehalt von über 10,0 MJ ME und ein Rohproteingehalt von 15 % in der Frischmasse erreicht werden.
Wachsende Tiere haben einen erhöhten Ca-Bedarf. Deshalb ein Ca-betontes Mineralfutter verwenden, z.B. 25 % Ca, 0 bzw. 4 % P, 4 % Na.

Ein Beispiel für eine Zusammensetzung einer Kälbertrocken-TMR findet sich hier.

Wasserversorgung

Autoren: Prof. Dr. Julia Steinhoff-Wagner, Technische Universität München und Dr. Jason Hayer, Hofgut Neumühle

Das Bewusstsein für die herausragende Bedeutung der Wasserversorgung unserer Milchkühe ist in den letzten Jahrzehnten gestiegen, dennoch gibt es auch hier auf vielen Betrieben noch Verbesserungspotenzial.

Bei Kälbern hingegen wird der Zugang zu freiem Wasser, insbesondere in den ersten Lebenswochen, offensichtlich als nicht so wichtig betrachtet. Nach gesetzlicher Vorgabe müssen Kälber erst nach der zweiten Lebenswoche Zugang zu Wasser in ausreichender Menge und Qualität haben. Studien zeigen, dass in etwa der Hälfte der Bestände jüngeren Kälbern auch tatsächlich kein Wasser zur Verfügung steht. Weitere Untersuchungen und auch die praktische Erfahrung zeigen auch, dass die gesetzliche Vorgabe zur Wasserversorgung der Kälber auf vielen Betrieben nicht konsequent eingehalten wird.

Als Argumentation wird in der Regel angeführt, dass Kälber ihren Wasserbedarf ja in ausreichendem Maße über die Milchtränke befriedigen können. Neugeborenene Kälber bestehen zu 80% aus Wasser und haben damit einen deutlich höheren Wasseranteil als erwachsene Rinder. Zudem besteht die Gefahr von zusätzlichen Wasserverlusten bei Hitze oder Durchfallerkrankungen. Ein gesundes Kalb hat bei „normalen“ Umgebungstemperaturen einen Flüssigkeitsbedarf von etwa 10 % des Körpergewichtes am Tag, also etwa vier Liter Wasser für ein 40 kg Kalb. Unter normalen Umständen wäre der Flüssigkeitsbedarf bei bedarfsgerechter Milchtränke (Link) von etwa 20 % des Körpergewichtes also tatsächlich mehr als gedeckt. In Grenzbereiche kann man aber leicht im Sommer, bei Krankheit und insbesondere bei restriktiv getränkten Kälbern kommen.

Es gibt allerdings noch ein wichtiges Argument, das für ein Angebot von freiem Wasser vom ersten Lebenstag anspricht. Milch und somit auch das darin enthaltene Wasser wird aufgrund des Schlundrinnenreflexes, beim Saugen an der Kuh oder einem Nuckel, am Pansen vorbeigeschleust und gelangt direkt in den Labmagen. Die Milch kommt mit sich dort befindenden Enzymen in Kontakt, gerinnt und die Nährstoffe werden im Anschluss im Dünndarm absorbiert. Die Absorption des Wassers aus der Milch oder aus dem Milchaustauscher findet ebenfalls hauptsächlich im Dünndarm statt. Freies Wasser, welches über Trinkvorgänge mit abgesenktem Kopf aus offenen Eimern oder Tränken aufgenommen wird, kommt erst in den Pansen des Kalbes statt direkt in den Labmagen geleitet zu werden. Dort bietet es die Grundlage für das Ansiedeln und die Vermehrung der Bakterien und anderer Mikroorganismen des Pansens, welche für dessen Funktionalität und die Entwicklung zum Wiederkäuer unabdingbar sind. Den meisten Tierhaltenden ist bekannt, dass die frühe Fütterung von festem Futter wie Heu, Trocken-TMR oder Kraftfutter für die Entwicklung zum Wiederkäuer essenziell ist, doch die Verfügbarkeit und Aufnahme von freiem Wasser ist ebenso entscheidend. Zudem nehmen Kälber, die freien Zugang zu Wasser haben auch wesentlich größere Mengen an Festfutter auf.

Kälber nehmen in den ersten Lebenswochen bei freiem Angebot nur kleine Mengen an Wasser auf, dieses hat aber deutliche positive Auswirkungen auf die Entwicklung des Kalbes. Amerikanische Forscher konnten zeigen, dass Kälber, denen ab dem ersten Tag Wasser zur Verfügung stand, eine höhere Futtereffizienz, höhere Endgewichte und einen größeren Rahmen zeigten als die Kälber, denen erst ab dem 17. Lebenstag Wasser zur Verfügung stand. Weiterhin konnte die Forschergruppe, durch eine Untersuchung der Bakterienzusammensetzungen im Magen-Darm-Trakt der Kälber, zeigen, dass die Verfügbarkeit von Wasser auch die bakterielle Besiedlung fördert und deren Zusammensetzung beeinflusst.

Insgesamt zeigen diese Ergebnisse klar, dass Kälbern bereits ab dem ersten Lebenstag sauberes und frisches Wasser zur freien Aufnahme zur Verfügung stehen sollte. In der Praxis scheitert das häufig an mangelnden Vorrichtungen in den Einzelaufstallungen. Hier ist es wichtig, das Kälberboxen/Iglus so ausgestattet sind, dass Festfutter und Wasser gleichzeitig zur freien Aufnahme angeboten werden können.

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